Kreis Euskirchen
Landrat Markus Ramers
Dez.-Leiter Achim Bindert
Jülicher Ring 32
53879 Euskirchen
Weilerswist, 15.10.21
Beschwerde über unsachgemäße Behandlung und Entsorgung von Kunstrasen durch die Gemeinde Weilerswist
Der Sachverhalt
In der Gemeinde Weilerswist sind durch die Juli-Überschwemmung zwei im Überflutungsgebiet gelegene Kunstrasen-Fußballplätze in Vernich und Weilerswist zerstört worden.
Unbeschadet der Frage, ob die Plätze in gleicher Form im Überflutungsgebiet wieder errichtet werden sollen, müssen die jeweils ca. 7000 m² Kunststoffrasen und die darin eingearbeitete Menge an Granulat fachgerecht entsorgt werden, was mit beträchtlichen Kosten für die Gemeinde verbunden ist, zumal beide Plätze laut Auskunft der Verwaltung nicht versicherbar waren.
Der Platz in Vernich ist schon älter und benutzt noch Reifengranulat als Füllung. Laut Literatur kann man mit 5 – 10 kg pro m² rechnen, was für den Platz eine Größenordnung an Müll von 35-70 t ausmacht. Auch ohne das Flutunglück war die unmittelbare Umgebung des Platzes mehr mit Granulat verschmutzt, als es nötig gewesen wäre. Meinem Eindruck nach wurde nach dem Motto „Viel hilft viel“ ziemlich großzügig mit dem aus geschredderten Reifen bestehenden Füllmaterial umgegangen und der Kunstrasen enthält weit mehr Füllung als anderswo üblich.
Gegen Ende August hat dann der Bauhof der Gemeinde den zerstörten Kunstrasen zu großen Rollen aufgewickelt und ohne weitere Schutzvorkehrungen – etwa durch auslaufsichere Container oder dichte Verpackung - mittels eines Radladers auf dem unbefestigten Parkplatz vor dem Spielfeld gestapelt. Dabei sind durch das Anheben und Transportieren beträchtliche Mengen – geschätzt im Bereich von einigen Tonnen - des Granulates herausgeschüttelt worden und ins Gelände gelangt.
Warum man diese Ortsverlagerung von einem festen Untergrund und einem abschließbaren Platz auf einen offenen und unbefestigten Lagerplatz neben einer Wiese vorgenommen hat, erschließt sich nicht, den der kahle Sportplatz ist seither (Stand 15. Oktober) nicht weiter bearbeitet worden. Allein dieses Vorgehen, der ungeschützte Transport der Rollen und deren Lagerung auf unbefestigtem Boden waren in meinen Augen nicht fachgerecht und haben massive Umweltschäden verursacht.
Als ich den unsachgemäßen Transport der Rollen zum Parkplatz zufällig sah, habe ich sofort mit Bürgermeisterin Horst Kontakt aufgenommen. Diese hat dann veranlasst, dass die befestigten Teile des Parkplatzes mittels Kehrmaschine gefegt wurden, auf dem unbefestigten Lagerplatz war nichts mehr zu machen. Außerdem wurde das Rasenlager mit verklebter Folie regendicht abgedeckt.
14 Tage später fand ich dann Kilometer entfernt, einer Schmutzspur von Granulat auf dem Maarweg folgend, zwei Rollen, die offensichtlich aus dem Lager in Vernich stammten.
Ich suchte das Lager auf und fand die Folien entfernt, das Lager durchwühlt und erneut Mengen an Granulat, das beim Verladen heraus gerieselt war.
Noch am Wahlsonntag sprach ich Frau Horst daraufhin an, da ich von einem Diebstahl ausging. Sie erklärte mir, dass man die Idee verfolgt habe, durch Verschenken von Rollen an interessierte Bürger die Menge und damit die Entsorgungskosten zu minimieren.
Ich konnte sie überzeugen, dass diese Art unverpackten Transportes ohne vorheriges Entfernen der Füllung und die Verteilung von tonnenweise Plastikmüll in der Gemeinde nicht mit dem Schutz der Umwelt verträglich sei.
Sie versprach, diese Idee nicht weiter zu verfolgen und machte auch dem Rat gegenüber eine entsprechende Andeutung, als sie auf die Umweltverschmutzung angesprochen wurde.
Leider wurde der Gedanke, durch Weitergabe des Mülls an Dritte Kosten zu sparen, nicht aufgegeben. Am 13.Oktober konnte ich beobachten, dass der Bauhofs das Rollenlager aufzuräumen schien und den Abtransport vorbereitete. Meine Hoffnung, der Müll würde nun von einer Fachfirma abgeholt und entsorgt oder recycelt, wurde enttäuscht. Der dort tätige Mitarbeiter erzählte mir, die Rollen würden zu einem Reiterhof in Sinzig verbracht und dort für einen Pferdeauslauf verbaut.
Am Folgetag wurde dann etwa ein Drittel der Menge ohne Schutzvorkehrungen und ohne vom Granulat befreit zu werden, verladen und abtransportiert.
Die Menge des allein bei der Bewegung und Verladung verteilten Kunststoffmülls war erneut beachtlich. Eine Reinigung wurde diesmal Wind und Regen überlassen, der das Granulat weiträumig zerstreut. Der große Rest liegt weiterhin ungeschützt (Stand: 15. 10.21) und für jeden zugänglich vor Ort. Angemerkt sei außerdem, dass durch den Radlader beträchtliche Mengen an Granulat und weichem Lehm auf dem Parkplatz kräftig miteinander durchmischt wurden, so dass ggf. die Auskofferung des gesamten unbefestigten Lagerplatzes nötig wird.
Mein Beschwerde bei der Gemeindeverwaltung blieb erfolglos, da man die Verbringung des Mülls auf einen Pferdehof für eine sachgemäße Entsorgung und ein gelungenes Recycling hält. Für eine spätere fachmännische Entsorgung sei der Pferdehof als neuer Besitzer zuständig.
Meine Bewertung
Obwohl die Gemeindeverwaltung durch Fotodokumente, Schreiben und Gespräche jederzeit umfassend über die Missstände informiert war, hat man von der unfachmännischen Müllentsorgung nicht abgelassen und nimmt nun billigend in Kauf, dass der Umweltfrevel im Nachbarbundesland weiter geht. Es ist nicht gerade wahrscheinlich, dass ein privater Reiterhof den erheblichen Preis für eine ordnungsgemäße Entsorgung in einem zertifizierten Fachbetrieb bezahlen wird.
In meinen Augen und durch Fotos dokumentiert waren und sind Transport und Lagerung seitens der Gemeinde unfachmännisch und umweltschädlich.
Die Idee, tausende Euro an Entsorgungskosten zu sparen, indem man das Umweltproblem in ein anderes Bundesland verschiebt, wird der Gefährlichkeit dieses Sondermülls nicht gerecht.
Das Granulat verbleibt über viele Jahrhunderte im Boden, wird zu Mikroplastik verkleinert und gelangt schließlich über Erft und Rhein ins Meer und in die Nahrungskette, so wie es bisher schon mit den Tonnen an Kunststoffgranulat geschieht, die jährlich pro Platz neu eingestreut werden.
Ich erwarte, dass die übergeordnete Behörde prüft, ob eine Gemeinde so mit Plastikmüll umgehen darf.
Wenn ein Privatmann einen einzelnen Autoreifen in die Umwelt entsorgt, dann ist ein Ordnungsgeld von 100 – 200 € fällig. Wir haben es hier mit eine Menge an Müll zu tun, die pro Sportplatz 3500 – 7000 Autoreifen ausmacht.
Eine umweltschädliche Entsorgung größerer Müllmengen könnte sogar ein Straftatbestand sein. Aber es geht nicht darum, gutwilligen, aber fachlich wahrscheinlich überforderten Verwaltungsleuten etwas ans Zeug zu flicken.
Mein Ziel ist, was die Entsorgung in Vernich angeht, umweltmäßig noch zu retten, was noch zu retten ist
Ich rege auch an, die entsprechenden Behörden im Nachbarbundesland zu informieren, damit dort ein sachgemäßer Umgang mit dem dorthin verbrachten Plastikmüll gewährleistet werden kann.
Was den zweiten Sportplatz in der Bezirkssportanlage in Weilerswist angeht, bitte ich Sie, die Gemeinde Weilerswist dahingehend zu beraten, wie man eine Entsorgung von Plastikmüll umweltgerecht und gesetzeskonform durchführt.
Rückfragen oder weitere Fotos jederzeit. Bin bis ca. Ende Oktober nur über die Mobilnummer erreichbar.
Mit freundlichem Gruß
Hans-Peter Bergmann