Zum SPD-Antrag, die GeS zu vergrößern

Ich beginne mit einem Zitat von  Marcus Hain aus einem facebook -post, in welchem er die SPD-Idee verteidigt:
"Es gibt viele offene Punkte und Fragen die geklärt und betrachtet werden müssen. Das muss offen und ehrlich beleuchtet und daraufhin Entscheidungen getroffen werden. Auf jedenfall ist die grundsätzliche Idee realistischer als die einer Dependance in Erftstadt."
Da stimme ich völlig zu: Die grundsätzliche Idee ist besser - sagen wir weniger schlecht - als der Unsinn mit der Dependance in Friesheim.
Sie ist auch realistischer, weil sie - mal abgesehen von den Interessen der Kinder - diverse höchst unterschiedliche Interessen unter eine Hut bringt:
 a) Die Erftstädter CDU nebst Anhang käme um eine eigene Gesamtschule herum, deshalb die begeisterte Aufnahme von seiten der Konservativen dort.
b) Die Bürgermeisterin und die mit ihr Verantwortlichen wären die Sorge los, dass ein völlig überdimensioniertes Flüchtlingsheim demnächst leer steht und sich als fehlgeplantes Millionengrab erweist.
c) Die Gesamtschule wird ohne Konkurrenz in Erftstadt vermeintlich in ihrer Existenz gesichert.
Eine Idee ist allerdings noch lange kein Plan. Ich vermisse klare Aussagen zu den Zielen, ohne die kein Mensch sinnvolle Gespräche führen kann.

Folgende Fragen wären in Weilerswist zu klären, bevor man in die weite Welt nach Erftstadt zu Gesprächen aufbricht:

1. Wieviele Erftstädter Kinder will man zusätzlich aufnehmen? Der SPD-Antrag beruft sich auf das Bemühen der Erftstädter Politik "ihre Kinder" in einer Gesamtschule unterzubringen. Wirklich alle? Das wären grob geschätzt drei bis vier zusätzliche Züge. Der Antrag spricht später von einer  "ausreichenden Beschulung" für Weilerswister und Erftstädter Kinder. Was meint "ausreichende Beschulung"? Alle? 80%? Eine fixe Anzahl? Ohne eine klare Aussage zur angestrebten Zügigkeit ist jede weitere Diskussion sinnlos und die Kosten sind unkalkulierbar. Darüber kann man auch in Erftstadt keine Auskunft bekommen, das muss der Weilerswister Rat festlegen. Dazu müsste man zunächst mal wissen, vieviel zusätzlichen Platz man im Gesamtflüchtlingsschulheim bekommt.

2. Über die Aufnahme in eine Schule entscheidet ausschließlich die Schulleiterin und das ist auch richtig so. Die Schulleitung muss das letzte Wort über die Zusammensetzung ihrer Schülerschaft haben. Dieses Recht ist unabdingbar, d.h., selbst wenn die Schulleiterin verspräche oder vertraglich zusicherte,  alle Weilerswister oder Erftstädter (oder einen Prozentsatz oder eine fixe Zahl) aufzunehmen, sie und erst recht ein Nachfolger wären nicht daran gebunden. Die beteiligten Gemeinden können und dürfen darüber keine Absprachen treffen.

3. Die Fragen der Kostenträgerschaft für Schulen ist gesetzlich geregelt und nicht vom Rat bestimmbar. Schulträger und damit auch Kostenträger für alle Sachkosten ist regelmäßig die Gemeinde. Daraus gibt es kein Entkommen. Schulgebäude, Tafelkreide , Bücher , Hausmeister und Fahrtkosten zahlt der Träger. Ausnahmen sind möglich, aber kompliziert und bedürfen der Genehmigung der Bezirksregierung. Ein Trägerverbund ist ein bürokratisches Monster und auch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung nicht ohne Tücke. Es würde zu weit führen, aber das Prinzip ist, dass es keine andere Lösung geben darf. Das soll mal einer der Bezirksregierung erklären, dass eine Gemeinde mit 50000 Einwohnern eine Gesamtschule nur bieten kann, indem sie die einer 17000 Einwohner-Gemeinde benutzt. In der Politik ist Vieles möglich, aber da muss man das Gesetz schon kräfig verbiegen. Der Nachweis der Notwendigkeit einer solchen Vergrößerung erfordert in jedem Fall eine Bedarfsermittlung in Erftstadt. Risiko! Dabei könnte genau das passieren, was Erftstadt vermeiden wollte und weshalb auch nie der echte Bedarf ermittelt wurde: Erftstadt braucht eine eigene Gesamtschule..
Ein Bruch dieses Träger-Prinzips wäre letztlich für Weilerswist auch sehr teuer, wenn auch andere auf die Idee kommen. Denn mehr als die Hälfte unserer Kinder besuchen Schulen in Nachbargemeinden, und zwar kostenlos.

4. Wie steht es mit pädagogischen Überlegungen? Eine achtzügige Schule hat pro Jahrgang gut 200 Schüler (eigentlich 240, aber wegen der Inklusion 25 pro Klasse), also mehr als 1200 (1440) in der Sekundarstufe 1 und mehr als 400 in der Oberstufe. Dazu rund 170 Lehrer. Konferenzen werden unerträglich groß, Jahrgangsstufenteams erreichen die Größe, wo sie zu funktionieren aufhören. Vom Lehrerzimmer und Parkplätzen nicht zu reden.
Das ist natürlich Ansichtssache, aber ich hätte meine beiden Kinder nicht in einen so große Schule schicken wollen. Inklusion kann ich mir in einem Riesensystem noch weniger vorstellen. Mehr als 6 Züge sind nicht vernünftig, dazu sollte man zuvor mal einen Experten anhören, vor allem denjenigen, der die Organisation und den Stundenplan macht. Nach meiner Kenntnis sinkt die Qualität mit wachsender Größe und fast alle ehemals großen Schulen sind sehr bald zurecht geschrumpft.

Meine Schlussfolgerung
Sechs Züge hätte man schon 10 Jahre lang haben können, die Anmeldungen waren vorhanden. Sechs Züge sind vertretbar, aber mehr wären von Übel. Sechs Züge erfüllen aber nicht die Hoffnungen auf eine "ausreichende Beschulung" der Erftstädter und Weilerswister Kinder.

Nachtrag
Der Artikel ist schon einige Monate alt. Inzwischen ist klar, dass der Kombibau wegen zu klein geplanter Treppenhäuser und Rettungswege wohl keine weiteren Klassenräume aufnehmen kann. Bei der mündlichen Begründung des Antrages wurde deshalb auch nicht auf den Kombibau verwiesen, sondern auf Möglichkeiten, auf dem Schulgelände neu zu bauen. Da je 10 Klassen eine neue Halleneinheit für den Sportunterricht vorgeschrieben ist, braucht man bei 6-Zügigkeit eine, bei einer  7-Zügigkeit zwei neue Halleneinheiten, die auch zu bauen wären.

1 Kommentar:

  1. Guter Kommentar. Man kann nur hoffen, dass die CDU in Erftstadt zur Vernunft kommt und endlich ihre Verweigerungshaltung aufgibt und einer Gesamtschulgründung nicht länger im Weg steht. Allerding glaube ich nicht daran.

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